„Wir brauchen nicht weniger, wir brauchen mehr Europa“

Veröffentlicht am 14.06.2012 in Pressemitteilung

Staatsminister a.D. Gernot Mittler sprach bei SPD-Seniorenstammtisch

Andernach. "Und immer wieder Europa": Über dieses Thema referierte Gernot Mittler beim letzten SPD-Seniorenstammtisch. Nach einem historischen Bogen, von der Rede Winston Churchills 1946 in Zürich bis hin zur Europäischen Union mit 27 Mitgliedsländern, kam Mittler auf die aktuelle Situation zu sprechen. Dabei dürfe man Europa nicht auf den Euro verkürzen. "Europa ist mehr, in erster Linie ein Friedensprojekt", erklärte Mittler. Dabei nahm der langjährige rheinland-pfälzische Finanzminister auch die aktuelle Diskussion um Spanien in den Blick: "In Spanien erleben wir keine Krise des Euros, sondern eine Krise der spanischen Banken, die sich verzockt haben, in dem sie eine gewaltige Immobilienblase finanziert haben, die nun geplatzt ist." Mittler verwies darauf, dass Spanien, gemessen an der Wirtschaftsleistung, eine geringere Staatsverschuldung habe als Deutschland.

Insgesamt sei die z.Zt. dramatisch gestiegene Verschuldung der europäischen Staaten die unmittelbare Folge der Finanzkrise, die 2008 von Amerika ausgegangen sei. Die europäischen Steuerzahler habe die von der Finanzwirtschaft verursachte Krise nach Angaben der EU-Kommission nahezu 5 Billionen Euro gekostet. Daher sei es nicht mehr als recht und billig, die Institute nunmehr an den Kosten zu beteiligen, und zwar in Form einer Finanztransaktionssteuer. Dass über deren Einführung noch immer gestritten werde, sei ein „Possenspiel“, so Mittler. Nach einer UN-Studie könne mit der Einführung einer Finanzmarkttransaktionssteuer in allen G20-Ländern jährlich rund 265 Milliarden US-Dollar an Einnahmen generiert werden.

Es sei höchst an der Zeit, den unmittelbar nach Ausbruch der Finanzkrise von den Regierungen abgegebenen Erklärungen nunmehr auch Taten folgen zu lassen, z.B. eine strengere Regulierung der international tätigen Kreditinstitute, eine europäische Bankenaufsicht und Genehmigungsvorschriften für neue Finanzprodukte. „Die gibt es doch für jedes Schnupf- und Hustenmittel, warum also nicht für sog. Finanzinnovationen, mit denen die Weltwirtschaft und damit Millionen Arbeitnehmer  ins Unheil gestürzt werden können?“

Die Politik sei herausgefordert, nicht nur das Vertrauen der Finanzmärkte im Auge zu haben, „sondern insbesondere das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger. Bei einer Jugendarbeitslosigkeit von rd. 20 Prozent in Europa und nahezu 50 Prozent in Spanien kann aber Vertrauen nicht wachsen.“ Dies sei die gemeinsame Verantwortung in und für Europa. „An wen soll die Exportnation Deutschland ihre Produkte denn liefern, wenn die europäischen Volkswirtschaften nicht in Ordnung sind?“

Gewiss, so Mittler, gebe es kein Patentrezept zur Lösung der aktuellen Krise. Doch wäre es verheerend, wenn Europa aus ihr gespalten und damit geschwächt hervor ginge. Dies wäre ein schwerer Rückschlag, der die Bemühungen der vergangenen 60 Jahre um eine gemeinsame und friedliche Zukunft des Kontinentes zunichte machen könnte. Gernot Mittlers Resümee:  „Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Europa.“ Dies werde nur mit einer entschlossenen politischen Führung möglich sein, die es derzeit nicht gebe. Dabei sei von Anbeginn der europäischen Integration klar gewesen, dass Frankreich und Deutschland in Europa vorangehen müssten. Was die gemeinsame Währung angehe, „so kann ich mir die Europäische Union als größten Binnenmarkt der Welt nicht mit 16 oder mehr nationalen Währungen vorstellen“, so Mittler.

Für seinen engagierten Vortrag dankte der Vorsitzende der SPD-Senioren, Rudi Bannert: „Herzlichen Dank, Gernot Mittler, für verständlichen Ausführungen zu dieser äußert komplexen und aktuellen europäischen Thematik. Es wäre schön, wenn wir Dich auch in Zukunft bei unserem Stammtisch begrüßen könnten.“

 

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