Das von der Bundesregierung im Alleingang reformierte Bundestags-Wahlrecht ist verfassungswidrig. Die Richter erklärten am Mittwoch einstimmig zentrale Punkte des Gesetzes mit sofortiger Wirkung für unwirksam. SPD.de sprach mit dem Journalisten und Verfassungsrechtsexperten Heribert Prantl ("Süddeutsche Zeitung") über das Karlsruher Urteil und die Konsequenzen.


SPD.de: Was ist nach Meinung der Verfassungsrichter falsch am Wahlrecht, wie es Union und FDP im Alleingang verabschiedet haben?
Heribert Prantl: Die Richter monieren, dass das vorliegende Gesetz der Regierungskoalition den Wählerwillen teils massiv und extrem verzerrt. Vereinfacht gesagt: Vor allem durch die umstrittenen Überhangmandate werden bestimmte Parteien bevorteilt, andere benachteiligt. Die Umrechnung der abgegeben Stimmen in Mandate entspricht damit nicht dem, was die Wähler gewollt haben. Das hatte das Gericht bereits 2008 kritisiert und drei Jahre Zeit gegeben, das Gesetz zu verbessern. Doch das Machwerk, das Union und FDP Ende 2011 und damit viel zu spät vorgelegt hatten, war keinen Deut besser als das alte Wahlrecht. In diesem Sinne ist das jetzige Urteil noch erstaunlich freundlich formuliert.

Wer ist Verlierer, wer Gewinner des Urteils?
Verlierer ist eindeutig die Regierungskoalition, die ihren Gesetzentwurf im Alleingang - gegen alle Vorschläge von SPD und Grünen - durchgeboxt hat